„Der
Stiefel-Felsen bei St. Ingbert“
Copyright 2003 by Rembert Schmidt, D-66133 Saarbrücken
Version 4, Stand 28.05.03
1. Einleitung
Der
Stiefel-Felsen bei St. Ingbert (Stiefel, früher Styffel) ist ein saarländisches
Kulturdenkmal. Der Sandstein-Felsen ist vermutlich durch den Einfluß der
Witterung entstanden. Er steht auf einem Bergplateau in etwa 350 Metern Höhe.
Der
Berg ist völlig bewaldet, der Stiefel-Felsen ist nur zu sehen, wenn man
unmittelbar davor steht.
Er
entstand in grauer Vorzeit und wird seit Tausenden von Jahren von Menschen
besucht und bestaunt. Der Felsen selbst und auch der Ort, an dem er steht,
sind von einem spürbaren Geheimnis umgeben.
Abbildung 1: Großer Stiefel bei St. Ingbert, ganz
hinten die Brücke über die A 6, die zum Waldparkplatz Sengscheid führt
2. Lage
Der Stiefel befindet sich auf dem Großen
Stiefel, einem Berg im Südwesten von St. Ingbert (398m). Die Autobahn A 6 führt
direkt am Fuße des Großen Stiefels vorbei. Sie muß daher überquert werden,
wenn man im St. Ingberter Stadtteil Sengscheid den Waldparklatz am Fuß des
Stiefels ansteuert.
Gegenüber, auf der anderen Seite des
Sengscheider Tals, liegt der Steinkopf. Er ist noch höher als der Große
Stiefel und mit 401 m der höchste Berg der Landeshaupt- stadt Saarbrücken.
Es gibt viele Wanderwege, die zum Stiefel führen.
Man kann vom Saarbrücker Stadtteil Scheidt den Stiefel in einer knappen Stunde
erreichen. Vom Bahnhof St. Ingbert geht man etwa eine Stunde und 15 Minuten.
(Rechts vom Bahnhof an der Firma SAP vorbei, der Beschilderung folgend). Auch
vom St. Ingberter Stadtteil Rentrisch führen Wanderwege zum Stiefel.
Die Autobahn A 6, Saarbrücken-Mannheim,
verlässt man an der Ausfahrt „St. Ingbert-West“. Dann fährt man Richtung
St. Ingbert, biegt jedoch gleich in Höhe eines Parkplatzes nach links in den
Stadtteil „Sengscheid“ ein.
In
Sengscheid geht es am Alfa Hotel (rechts) vorbei weiter Richtung
Ortsmitte. In Höhe des Getränkevertriebes Jungfleisch gleich wieder
rechts abbiegen. Man fährt nun auf die Gartenwirtschaft Fath zu. Vor der
Gartenwirtschaft links abbiegen. Nach wenigen Metern dann wieder rechts
abbiegen, die Straße führt nun über eine Brücke über die A 6 zum
Waldparkplatz.
Vom
Waldparkplatz aus gibt es unterschiedlich lange Wanderwege zum Stiefel. Die
Markierungen sind in einem späteren Kapitel beschrieben. Der kürzeste Weg führt
direkt nach oben, ist aber auch recht steil und mühsam. Einfach dem Trampelpfad
folgen, der immer weiter nach oben führt.
Abbildung 2: Stiefel-Felsen auf dem Großen Stiefel-Berg
3.
Geschichte
Die Geschichte des Stiefels reicht
weit in die Vergangenheit zurück. Auf dem Großen Stiefel, fand man
Steinklingen, Pfeilspitzen, Mahlsteine und Steinbeile, die aus der Mittleren
Steinzeit (8000 - 4000 v.Chr.) stammen.
Reste von Tongefäßen aus der Bronzezeit
(1200 - 750 v.Chr.) deuten ebenfalls auf eine Besiedlung hin.
In der Nähe des Stiefelfelsens steht ein
eindrucksvoller Menhir, der unter dem Namen “Teufelstisch” bekannt
ist. Auch er ist eine imposante Erscheinung auf der Bergkuppe. Dieser Menhir ist
nicht natürlichen Ursprungs wie der Stiefel. Vermutlich wurde er zu Kultzwecken
errichtet.
In diesem kultischen Zusammenhang steht wohl auch der Spellenstein
in
Rentrisch. Sie finden Ihn, wenn Sie kurz vor Ende des St. Ingberter
Stadtteils Rentrisch (Fahrtrichtung St. Ingbert) etwa gegenüber des Volkshauses
nach links Richtung Dudweiler abbiegen. Nach etwa 200 Metern sehen Sie den über
5 Meter hohen Hinkelstein rechts in einem Vorgarten stehen. Er ist ein Relikt
aus der Jungsteinzeit (3000 - 2000 v.Chr.). Es handelt sich um einen Einstein
oder Menhir, geformt aus hartem Sandstein und
ca. 5 m hoch. Er diente vermutlich als Kultstätte und Kalender, wurde im
Mittelalter als Grenzstein genutzt. Seine Ausrichtung weist auf den Stiefel hin,
so daß ein kultischer Zusammenhang zwischen Spellenstein und Stiefel vermutet
wird.
Auf dem großen Stiefel wurde im 10.
Jahrhundert eine Burg erbaut, das Stiefeler Schloß. Von dieser Burg
findet man noch zahlreiche Mauerreste, Bodenwälle und Gräben.
Das Stiefeler Schloß wurde gegen
Ende des 19. Jahrhunderts von dem Archäologen Dr. Mehlis eingehend untersucht,
wobei auch diverse Ausgrabungen durchgeführt wurden, über die der St.
Ingberter Lokalhistoriker Wolfgang Krämer detailliert berichtete.
Nicht weit davon, am gegenüberliegenden
Berghang, befindet sich das keltische Götterdenkmal Sukellus und Nantosvelta,
die im Volksmund “Hänsel und Gretel” genannt werden.
Zitat aus “Die Sagen der Saar”, Karl
Lohmeyer, Minverva Verlag Thinnes & Nolte, 1989:
“In dem stimmungsvoll “in der Seng” in einer niederen
Felswand und in einer Nische darin eingehauenen Zweigötterbild eines seitlichen
Waldtales vor Sengscheidt, das man ehemals auch “im Sengelteller” nannte und
das sich gegenüber des Sagenberges vom Stiefel auf seiner Rückseite, also noch
in einem Seitental des so lieblichen Grumbachtales befindet, will das Volk “Hänsel
und Gretel” erkennen. Im späteren 18. Jh. aber benannte man das keltische
Heiligtum, mit Bezug auf den hier in dieser Gegend und in Ensheim so begüterten
Abt von Wadgassen, den Abtfelsen...“
Die Kelten, auch Gallier
genannt, siedelten ab etwa dem 8. Jahrhundert vor Christus im Gebiet von
Champagne und Saar über Mittelrhein und Bayern bis Böhmen.
Später erreichte das Keltenreich eine Ausdehnung von Britannien bis Anatolien.
Träger der keltischen Religion waren die Druiden. Es gab vier große
Feste im Jahr:
Imbole am 1. Februar, Beltene am 1. Mai, Lugnasad am
1. August und Samhain am 1. November.
Sucellos war der Gott der Ahnen, mit einem
Hammer in der Hand, der über die Kräfte des Lebens und des Todes verfügt.
Nantosvelta
war
die Schützerin der Wohnstätten, dargestellt mit dem Raben und dem Haus. Sie
war die Schützerin von Haus und Hof und auch die Schützerin der Anderswelt, in
der die Ahnen wohnen.
Der Lokalhistoriker Wolfgang Krämer aus St.
Ingbert schrieb 1925 über Hänsel und Gretel:
“Ein
zweifellos antikes Bildwerk und wohl der bedeutendste Rest gallorömischer
Kultur auf unserer Gemarkung befindet sich eine Viertelstunde südlich
Sengscheid am Ende eines stillen Wäldchens.“
Abbildung 3: Hänsel und Gretel
4.
Umgebung
In
unmittelbarer Nähe des Stiefels steht der „Teufelstisch“, ein imposanter
Menhir. Über seine Herkunft ist wenig bekannt. Er steht im Schatten des
bekannten Stiefels, ist jedoch ein großer und eindrucksvoller Stein.
Rund
um den Teufelstisch erstreckt sich ein Plateau, das in früheren Zeiten als
„Bismarckanlage“ bekannt war und der Naherholung diente.
Von diesem Plateau aus führt ein Wanderweg weiter nach
oben zum Gipfel des Großen Stiefel. Auf der Spitze dieses Berges befindet sich
eine Waldhütte. Die frühere Jagdhütte gehört heute dem Pfälzerwald-Verein
Ortsgruppe St. Ingbert. Ihr offizieller Name ist „Heinrich-Kohl-Hütte“.
Heinrich Kohl war einer der Begründer des Pfälzerwald-Vereins.
Die
Hütte wird auch „Stiefel-Hütte“ genannt. Sie ist immer Sonntags geöffnet
und erfreut sich großer Beliebtheit. Sie wird von den Mitgliedern des Vereins
bewirtschaftet.
Abbildung 4: Stiefel-Hütte im Schnee
5.
Markierte Wanderwege
5.1. Saarland-Rundwanderweg
Markierung: rot-weiß
Dieser 275 km lange Weg umschließt
das ganze Saarland. Er führt direkt an der Stiefel-Hütte und am Stiefel-Felsen
vorbei.
Er führt vom Ostbahnhof in Saarbrücken über
den Spellenstein in Rentrisch zur Stiefel-Hütte und zum Stiefel-Felsen. Weiter
geht es über die Burgruine Kirkel nach Homburg, St. Wendel, Bosen, Nonnweiler,
Mettlach, Berus, Warndtweiher, Völklingen und wieder zurück nach Saarbrücken.
5.2. Saar-Mosel-Weg
Markierung: roter Punkt in weißem Viereck
Dieser Wanderweg führt von Zweibrücken
nach Saarbrücken, über die Kaiserstraße in Scheidt auf den Waldweg bei der Bäckerei
Kleinbauer weiter zum Fliegerstein und zum Stiefel.
Weiter geht es nach Nalbach, Bachem, Saarhölzbach,
Oberemmel, Roscheider Hof und Trier/Feyen.
5.3. Jugendherbergsweg
Markierung: rotes Dreieck auf dem Boden eines weißen
Feldes
Dieser bundesweite Weg verbindet alle
Jungendherbergen Deutschlands. Er führt über Homburg/Sanddorf nach Saarbrücken,
wieder in der Kaiserstraße in Scheidt neben der Bäckerei Kleinbauer in den
Wald, über Fliegerstein und Stiefel-Hütte weiter nach Wallerfangen, Siersburg,
Beckingen, Merzig, Losheim, Waldhölzbach, Weiskirchen, Noswendel, Tholey.
5.4. Eichhörnchen-Rundwanderweg
Markierung: Eichhörnchen
Ein 6 km langer Weg vom Waldparkplatz in
Sengscheid über den Stiefeler Hangweg zum Kleinen Stiefel, Fliegerstein, Großen
Stiefel, Stiefel-Hütte, und wieder zurück zum Waldparkplatz.
5.5. Zielwanderung Stieleiche
Markierung: Eichenblatt
Eine 15 km lange Zielwanderung vom Bahnhof
St. Ingbert zum Stiefel-Felsen. Der Weg führt durchs Lautzental über den
Schmelzerwald, Hirtenwiese, Friedhof, Rentrisch, Fliegerstein zum Großen
Stiefel.
Abbildung 5: Wegeskizze zum Stiefel, ganz rechts A 6 und
Wanderparkplatz
6. Sagen
6.1. Der Riese Kreuzmann
auf dem 'großen Stiefel' bei Ensheim
Auf dem "Großen Stiefel", dem
kegelförmigen Berg bei Ensheim, heißt eine Felsplatte noch heute der
Riesentisch. Hier hauste vor alten Zeiten der fürchterliche Riese Kreuzmann,
der Menschen einfing und die Gefangenen auffraß. Der Unhold war so stark, daß
er die dicksten Waldbäume wie Hanfstengel ausriß und Felsenstücke heben
konnte, so groß wie kleine Häuser, wie man es noch an dem Riesentisch sehen
kann, den er sich hierher setzte. Den im Tal eingefangenen Menschenvorrat,
soweit er ihn noch aufsparen wollte, sperrte der Unmensch in einen hölzernen Käfig
ein, bis er Hunger bekam. Die unglücklichen Leute sollen in ihrem Gewahrsam so
fürchterlich geschrieen haben, daß man es weithin hörte. Doch der Riese höhnte
voll Bosheit: "Ei, wie schön meine Vögel pfeifen!"
Lange Zeit hatten die Menschen unter diesem
Bösewicht zu leiden. Schließlich rafften sich die Bewohner der Gegend auf und
beschlossen gemeinsam, den Riesen zu töten. Sie wollten ihn nach seiner
Mahlzeit, nach der er gewöhnlich einige Tage fest schlief, aus seiner Behausung
ausräuchern. Daher häuften sie Stroh, Reisig und allerlei Holz um seinen Turm
und zündeten alles an, um ihn zu ersticken; doch Kreuzmann hielt den Rauch, von
dem er wach wurde, nur für dicken Waldnebel. Immerhin mußte er heftig niesen.
Davon erzitterte die Erde wie bei einem Erdbeben, so daß die Leute erschreckt
den Berg hinabliefen. Als Kreuzmann aus seinem Turm heraustrat, um frische Luft
zu schöpfen, merkte er erst, was die Leute angerichtet hatten, und geriet in
schreckliche Wut. Er hatte gerade den großen Wetzstein zur Hand, an dem er vor
dem Schlachten seiner Opfer die Messer scharf machte. Diesen warf er seinen
Feinden mit aller Wucht nach. Sausend fuhr der Stein durch die Luft, weit über
die Menschen hinweg, mit der Spitze in die Erde, wo er noch heute neben dem Bach
zu sehen ist.
Nun wollte der Riese selbst eilends den Berg
hinablaufen, um die Menschen mit Baumstämmen zu erschlagen, aber er stolperte
über einen Felsen und stürzte so wuchtig zu Boden, daß er betäubt liegen
blieb. Kaum sahen die Menschen seinen Fall, da liefen einige besonders mutige Männer
hin und schlugen das Scheusal vollends tot; seinen Leichnam warfen sie in ein
tiefes Loch, auf das sie Stein um Stein wälzten, bis sich ein kleiner Hügel
erhob. Darunter liegt der Riese noch heute begraben. Den Hügel aber nennt man
auch jetzt noch das Riesengrab.